Unternehmen brauchen Glückshormone

Besonders die Botenstoffe Dopamin, Noradrenalin, Serotonin und Endorphine. Denn Sie machen Ihre Mitarbeiter produktiv, kreativ und erhalten ihre Gesundheit. Botenstoffe verändern uns mental, und zwar gemütsmäßig und gedanklich. Ohne sie ist keine Kommunikation im Gehirn möglich. Sie übertragen Botschaften von Nervenzelle zu Nervenzelle. Sie übermitteln alle biochemischen Botschaften.

Sie liegen jeder Emotion, jedem Gefühl, jeder Stimmung, jedem Gedanken, jeder Bewegung und allem Lernen zugrunde. Erst wenn diese Stoffe in ausreichender Menge vorhanden sind, können wir überhaupt Leistung erbringen. Ohne diese Botenstoffe kann unser Gehirn keine Informationen erarbeiten.

Hirnforscher wie Gerald Hüther bestätigen, daß nur die wirklich motiviert sind, die auf Grund eigener Erfahrungen Freude an der Sache empfinden. Andere Menschen durch Strafe oder Versprechen motivieren zu wollen ist hirntechnischer Unsinn, sagt Gerald Hüther. Nur im Zustand des Begeistertseins komme es im Mittelhirn zur Aktivierung des Belohnungszentrums, nur so stelle sich die Bereits chaft zu Höchstleistungen ein. Nur so werden Botenstoffe ausgeschüttet und diese sind wie Dünger für Nervenzellen. Unter diesem Einfluß bilden sich neue Nervenverbindungen, die in Zukunft das Verhalten beeinflussen. Diese entstandenen Netzwerke der Großhirnrinde sind stabiler als andere und sie streben nach Wiederholung und Erweiterung.

Was tun, wenn Mitarbeiter innere Sätze leiten wie „Meine Arbeit ist langweilig“? Mit Argumenten lässt sich so eine Haltung nicht durchbrechen. „Man kann niemanden dazu motivieren, seine innere Einstellung ändern zu wollen“, ist Hüther überzeugt, „aber man kann ihn einladen, ermutigen und inspirie ren, eine neue Erfahrung zu machen, die ihm Freude bereitet. Und das können diejenigen am ehesten, denen diese Tätigkeit selbst Freude macht.“ Studien zufolge haben in Deutschlang bereits ¼ aller Mitarbeiter innerlich gekündigt. Ein immenser volkswirtschaftlicher Schaden ist das. „The brain needs emotional activation in order to emit neuroplastic transmitters which are fertilizers for the brain: excitement and activement. They are never released if you learn a telephone book.“ (Hüther 2010) Diese ´Fertilizer ́ (Dünger) sind die Bas is für Hochleistungen des Gehirns und die Voraussetzung für neue Ideen, Kreativität und Innovation . Sie werden beispielsweise bei einem die Welt entdeckenden dreijährigen Kind im Schnitt zwischen 50 und 100 Mal am Tag ausgeschüttet, während sie bei einem 60 jährigen Erwachsenen nur noch zwei Mal am Tag freigesetzt werden.

Auf Grundlage der Hirnforschung sind Lernen und Entwicklung vor allem Prozesse emotionaler Aktivierung, Aktivitäten die an einer Begeisterung und einer Sehnsucht anknüpfen. Und diese sind stark mit zwei grundlegenden Bedürfnissen von uns Menschen verbunden: zum einen dem Streben nach Bindung an eine Gemeinschaft und dem Grundbedürfnis nach Wachstum und Entwicklung. Wenn sich jemand in einer Firma ausgeschlossen fühlt oder starkes Einzelkämpf erdenken die Atmosphäre bestimmt, entfalten sich Menschen weniger. Ebenso ist es mit der Selbstwirksamkeit. In Unternehmen wird Begeisterung und Kreativität meist durch Druck und Routine geblockt. Druck führt dazu, auf altbewährte Verhaltensmuster zurück zugreifen. Das kann in Krisensituationen hilfreich sein, schnell Probleme zu lösen. „Weniger gut ist allerdings, dass es unter solchen Bedingungen kaum gelingt, neue Verknüpfungen herzustellen, also kreative und innovative Lösungen zu finden.“ (Kuhl & Hüt her, 2007).

Wenn es besonders eng wird kommt es mitunter zum Rückfall in archaische Notfallreaktionen. „Die sind im Hirnstamm angelegt und führen, wenn sie aktiviert werden, zu Angriff oder Verteidigung, zu panischer Flucht, und zuletzt – wenn gar nichts mehr geht – zu ohnmächtiger Erstarrung (Hüther 2004).“ Hüther weiter: Kreativität und das Entwickeln neuer Ideen wird erst dort möglich, wo es gelingt „völlig ohne Druck und mit absoluter Leichtigkeit“ ein Stück weit über dem Niveau der „bisher erworbenen Lebensbewältigungsstrategien eines Menschen (…) hinaus zu schweben.“ Ebenso ist es mit Routine. Denn wer immer wieder auf die gleiche Weise denkt, fühlt und handelt, strukturiert sein Gehirn so, daß er irgendwann nicht mehr denken, fühlen und handeln kann. Routiniertes Handeln führt zu Verengung und Verarmung.

Insofern kann auch Erfolg der Grund für Scheitern sein. Denn je länger man mit bestimmten Denk-¬ und Verhaltensmustern Erfolg hat, desto mehr reduzieren sich komplexe Verschaltungen im Gehirn zu robusten eindimensionalen Nervenbahnen ( ́Autobahnen des Gehirns ́) und zerstören Begeisterung und somit auch neue Ideen oder Handlungsalternativen. Aus dem gleichen Grund führt auch der Hang zum Perfektionismus zu einer Unterforderung und Unternutzung der Lern- und Entwicklungspotentiale. „The better something works, the less excited you are.“ Führungskräfte müssen also Supportive Leadership betreiben. Sie müssen ihre Mitarbeiter einladen und ermutigen, neue Herausforderungen bieten, eine positive Fehlerkultur schaffen. Wenn Fehler bestraft werden, schaltet sich das Notfallprogramm von Angriff, Flucht oder Erstarrung im Gehirn an. Und: Belohnung durch Boni wirken nicht. Studien des Massachusetts Institute of Technology zeigen, dass die Aussicht auf hohe finanzielle Belohnungen die kognitiven Fähigkeiten verringert. Das Denken wird reduziert, die Person fällt in eine neuronale Übererregung. Wertschätzung und Anerkennung aber lassen die Fähigkeiten zu Höchstleitungen wachsen.

Führungskräfte müssen also die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Was Menschen zum Lernen brauchen, sind Erfahrungen, die sie begeistern. Solche auf Einladung, Ermutigung und Inspiration beruhenden Interventionen sind oft eine Herausforderung für Führungskräfte und machen unerläßlich, daß diese sich selbst mit Ihrer Führungsrolle und ihrer inneren Haltung auseinandersetzen. Hilfreich kann hier Führungskräftecoaching und Supervision sein. Das Coaching sollte nicht Methoden vermitteln, sondern in einem inneren Prozess begleiten.

Die Zukunft braucht Führungskräfte, die persönlich wachsen wollen, damit die Mitarbeiter ihnen nachstreben können. „Da ein gut entwickeltes Selbst einen unbewussten Überblick über alle relevanten Lebenserfahrungen und alle eigenen und fremden Bedürfnisse und Werte bereitstellt, ist es immer dann besonders wichtig, wenn es um komplexe Entscheidungen geht. Ein umsichtiger Umgang mit komplexen Systemen, z. B. mit sich selbst, mit anderen Menschen und mit der Umwelt setzt demnach die optimale Entwicklung des Selbst voraus.“ (Kuhl & Hüther) Nach Hüther gilt es also, ein neues Leadership – Mindset, eine Kultur der Potentialentfaltung als Gegenbild zur derzeitigen Ressourcennutzungsgesellschaft zu entwickeln.

Erfahrungen & Bewertungen zu Eva-Maria Pitman